Auch ich musste irgendwann erkennen: Man kann nicht ewig Student sein. Vorbei die Zeiten, als ich die Semesterferien ohne Praktika in fremden Ländern verbringen konnte, trotzdem mein Bafög aufs Konto bekam und eigentlich sonst nicht viel zu tun hatte. Dann hieß es Job suchen und ordentlich ranklotzen. Dafür nur noch eine begrenzte Zahl an Urlaubstagen. Und trotzdem hab ich es geschafft: Viel reisen trotz Job. Und mittlerweile habe ich den Spieß umgedreht und passe den Job den Reisen an. Wie das geht? Meine Tipps.
Praktische Tipps zur Arbeitsorganisation für mehr Reisen
1. Planung ist alles
Zunächst ist es wichtig sich erst einmal zu überlegen, wie viel Urlaub man eigentlich zur Verfügung hat. Hierzu zählt es auch schon mal im Arbeitsvertrag zu schauen, wie viel Tage man überhaupt hat und ob es irgendwelche wichtigen Veranstaltungen gibt, die man besuchen muss (Geburtstage, Hochzeiten, Klassentreffen). Was dann noch übrig bleibt, bestimmt dann die Organisation Deiner Reisen.
2. Feiertage optimal nutzen
Es lohnt sich auf jeden Fall schon einmal einen Blick in den Kalender zu werfen und zu schauen, ob man Feiertage perfekt für Kurztrips nutzen kann. Das kommt dann auch darauf an, ob man persönliche oder berufliche Verpflichtungen hat. Falls nicht können Ostern oder Pfingsten tolle Möglichkeiten sein, um einen Kurztrip zu machen. Auch Christi Himmelfahrt ist immer ein Donnerstag und somit großartig geeignet für ein langes Wochenende. Weihnachtsmuffel sind an Weihnachten auch gut unterwegs. Aber dann sind viele Städte tot. Dann kann man aber gut in ein nicht-christliches Land fliegen – Türkei, Thailand oder Tansania vielleicht? Hier empfiehlt sich allerdings möglichst früh zu buchen, da man sicher mit dieser Idee nicht allein ist.
3. Mehr Urlaub aushandeln
Falls ihr in der glücklichen Situation seid euch gerade beworben zu haben und in den Verhandlungen für den neuen Job steht, dann fragt ruhig auch nach, wie viel Urlaub ihr bekommt. Wenn ihr umworben werdet, dann könnt ihr mitunter neben eurem Wunschgehalt auch nach etwas mehr Urlaub fragen. Oder ihr verzichtet auf mehr Gehalt und erhöht die Zahl an Urlaubstagen. Fragen kostet nichts. Aber macht es abhängig davon, ob ihr euch in der Lage fühlt Forderungen zu stellen.
4. Teilzeit arbeiten
Weniger ist mehr! Für kaum etwas stimmt dieser Satz so sehr, wie für Teilzeitarbeit. Wenn ihr euren Job mögt aber auch in Teilzeit genug für euch selbst verdienen würdet, dann fragt euren Arbeitgeber, ob ihr in Teilzeit gehen könnt. Dafür gibt es verschiedene Modelle, die alle fürs Reisen gut sein können, je nach euren Präferenzen.
- Eine 80 Prozent-Stelle bedeutet jede Woche ein langes Wochenende. Das ist super für Städtereisen und Kurztrips.
- Eine 75 Prozent-Stelle gibt euch jede vierte Woche frei. Super für Mittelstreckenreisen in Europa und mit Flugzeiten bis 4 Stunden.
- Eine 50 Prozent-Stelle würde ich nur machen, wenn ich nichts für die Rente oder mein Geschäft mehr machen muss. Hier könnt Ihr entweder halbtags arbeiten (das nützt euch aber für Reisen nix) oder ihr arbeitet jede Woche nur 2,5 Tage. Dann könnt ihr viele Kurztrips machen. Oder ihr arbeitet nur jede zweite Woche. So habt ihr viele mittellange Trips. Ansonsten geht aber auch nur jede zweite zwei Wochen, jeden zweiten Monat usw. Ihr könnt aber auch einfach bestimmte Zeiträume festlegen in denen ihr arbeitet und anderen in denen ihr nicht arbeitet aber weiter Gehalt bekommt. Hier kommt es darauf an, wie sehr ihr in der Firma ersetzbar seid und wie flexibel sie sind.
In Deutschland ist das schwieriger als in vielen anderen Ländern. Aber das ändert sich noch.
5. Homeoffice beantragen
Vielleicht arbeitet ihr aber auch bei einer Firma, bei der ihr viel von zu Hause erledigen könnt. Falls Du Deinen Firmen-Laptop mitnehmen kannst und auch einen international erreichbar ist, könnte das klappen. dann kannst Du zu Deinen Arbeitszeiten arbeiten und in der Freizeit fremde Städte und Regionen erkunden.
6. Dienstreisen verlängern
Wenn Du allerdings sowieso öfter auf Dienstreisen bist, dann Glückwunsch. Davon träumen 90 Prozent der Leser dieses Artikels. Und nun überlege, was Du dann machst! Schaust Du Dir die Städte auch an? Selbst in manch langweiligen Städten, gibt es coole Dinge zu erleben. Und wenn Dein Arbeitgeber auch cool ist, kannst Du die Reisen vielleicht vor oder nach dem Wochenende machen. Dann kannst Du gleich das Wochenende am Dienstreiseort verbringen. Wenn Du Glück hast, zahlt Dein Arbeitgeber auch die An- und Abreise an einem anderen Tag. Ansonsten biete an, selbst einen Teil der Kosten zu tragen. Auch kannst Du nach freien Tagen im Anschluss an Dienstreisen oder vorher fragen. Wenn Du die Stadt schon kennst, kannst Du vielleicht sogar Eindruck bei Deinen Geschäftspartnern und Kollegen machen.
7. Überstunden abbauen und vorarbeiten
Wenn Du schon fleißig warst und ordentlich Überstunden gesammelt hast, dann umso besser. Dann kannst Du sie jetzt abbauen und Dir eine Auszeit gönnen. Denke daran, dass die Überstunden verfallen. Die Regelungen dazu sollten im Arbeitsvertrag stehen. Falls hier steht, dass alle Überstunden dem Betrieb gehören, hast Du leider Pech gehabt und solltest beim nächsten Job etwas anspruchsvoller sein. Falls es keine Regelung gibt, gilt die gesetzliche Festlegung zum Verfall von Überstunden. Diese besagt, dass Du sie bis zu 3 Jahre nach dem Ende des Kalenderjahres abbauen kannst. Das bedeutet wenn Du 2012 Überstunden gemacht hast verfallen diese erst am 31. Dezember 2015!
Andererseits kannst Du natürlich auch schon vorarbeiten, um die Überstunden dann abfeiern zu können. Überlege Dir, ob Du das dem Chef sagst oder es einfach so machst. Dann sollte das aber nicht so auffällig passieren.
8. Freier Mitarbeiter werden
Du bist festangestellt aber fühlst Dich wie in einem Korsett? Willkommen im Club. Ich bin zwar auch gern festangestellt aber derzeit genieße ich es mal wieder freier Mitarbeiter zu sein. Manchmal kannst Du als Freier sogar mehr verdienen als als Angestellter. Außer Du arbeitest in Kreativberufen oder der Medienbranche. Dann ist es fast immer schlechter. Falls Dir das aber egal ist und Du dadurch mehr reisen kannst, dann ist Dir das aber auch irgendwie egal oder?
9. Unbezahlten Urlaub nehmen
Bei Urlaub denken die meisten immer nur an die Tage, die sie laut Arbeitsvertrag eben haben. Aber es gibt natürlich noch eine andere Möglichkeit. Wenn Du zeitweise entbehrlich bist oder es Ersatz gibt und Du Dich mit Deinem Chef gut verstehst, dann ist es eine gute Möglichkeit auch mal unbezahlten Urlaub zu nehmen. So lange ruht Dein Arbeitsvertrag. Du bekommst kein Geld, musst aber auch nix tun. So kannst Du längere Trips machen und hast mehr von Deinen Reisen.
10. Sabbatical einlegen – Dein persönliches Sabbatjahr
Der Sabbat (vom Hebräischen Wort Schabbat) ist vor allem in den englischsprachigen Ländern als eine Auszeit vom Job verbreitet. Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten.
- Du hattest sowieso vor Deinen Job zu kündigen? Dann prima. Du kannst vorher noch einige Monate sparen und Dir die nötige Ausrüstung zulegen. Du hast Angst vor einer Lücke im Lebenslauf? Brauchst Du nicht! Viele Arbeitgeber haben Verständnis für solche Auszeiten. Oder willst Du wirklich bei Firmen arbeiten, wo man dafür keines hat?
- Die andere Variante ist, dass Du einen bezahlten Langzeiturlaub einlegst. Dafür musst Du einen Vetrag mit Deinem Arbeitgeber machen und gehst zunächst für einen bestimmten Zeitraum bei halber Bezahlung voll arbeiten. Dafür läuft dies dann aber weiter, wenn Du Deine Reise unternimmst. Somit hast Du einen regelmäßigen Geldeingang und bekommst weiter Kranken- und Pflegeversicherung sowie Rentenversicherung erstattet.
Mehr zu den Möglichkeiten eines Sabbaticals kannst Du bei Anja von Happybackpacker nachlesen.
11. Während Elternzeit reisen
Ich bin kein Vater und habe auch weder vor mir ein Kind noch einen Hund sobald anzuschaffen. Aber sobald eines am Horizont aufkommen würde, würde ich mir sofort Elternzeit beantragen. Denn man kann auch mit Kind reisen. Und die Elternzeit ist dazu fast perfekt geeignet, denn ihr bekommt 2/3 eures Gehalts weiter gezahlt. Allerdings würde ich vermutlich ein Land wählen, wo die medizinische Versorgung für mein Kind ausreichend ist. Zumindest solange es noch klein ist.
So organisierst Du Deine Reisen, um mehr zu reisen
12. In Flugzeug, Bus und Bahn schlafen können
Mein großes Problem auf Reisen: In fast allem, was sich bewegt, bekomme ich kein Auge zu. Ich kann weder im Sitzen noch auf dem Rücken schlafen. Wenn es viele Geräusche gibt, hilft auch kein Ohropax. Ich versuche es zu trainieren und werde besser. Ich schlafe mittlerweile schneller ein. Ich habe in einem anderen Beitrag bereits über das Schlafen auf Reisen geschrieben. Lest euch die Tipps mal durch. Seitdem reise ich auch ganz gern mal über Nacht.
13. Gleich nach der Arbeit verreisen und vor der Arbeit zurückkommen
In viele Städte Europas kann man ganz einfach reisen, ohne Urlaub nehmen zu müssen. Hierfür ist es am besten in einer Stadt mit guten Flug, Zug- oder Busverbindungen zu wohnen und zu arbeiten. Von Berlin aus gibt es beispielsweise viele Verbindungen am Abend in andere Städte. Hier kann man dann schauen, ob es auch Verbindungen am frühen Morgen zurück gibt. So kann man beispielsweise am Donnerstag- oder Freitagabend nach London oder Paris fliegen und am Montagmorgen wieder zurück jetten. Jedoch empfiehlt es sich seinen Arbeitgeber zu informieren, falls es eine Verspätung gibt. Dann kann man anbieten entweder doch einen Tag Urlaub zu nehmen oder die Stunden im Laufe der Woche nachzuarbeiten.
14. Manchmal ist der teurere Flug der bessere Flug
In diesem Zusammenhang empfiehlt es sich, nicht unbedingt immer den günstigsten Flug zu nehmen. Vielleicht gibt es Verbindungen die für mein Reiseziel besser sind aber etwas mehr kosten. Oder es gibt einen teureren Direktflug, der aber dafür mehr Zeit am Reiseziel ermöglicht. Ich würde hier immer abwägen, ob es mir das wert ist.
15. Mietwagen nehmen für mehr Sehenswürdigkeiten
Wenn das Reiseziel nicht nur eine Stadt ist, sondern eine Region, würde ich mir immer einen Mietwagen nehmen. Die gibt es schließlich fast überall recht günstig. Auf manchen Inseln gibt es auch Roller zu mieten, die sind oft noch besser. So kommt man schneller von A nach B und kann wesentlich mehr Sehenswürdigkeiten sehen und braucht nicht warten, bis der Bus oder der Zug kommt. In Städten sollte man aber trotzdem lieber auf den Nahverkehr setzen.
16. Gabelflüge buchen
Gabelflüge bieten sich besonders dann an, wenn es zwei gute Flughäfen auf beiden Seiten einer Strecke gibt. So kann man die Route als Roadtrip nutzen und vom Zielort zurückfliegen. Das ist meine bevorzugte Reisevariante. So sehe ich oft mehr von den Regionen und die Flüge werden dadurch auch nicht unbedingt teurer.
17. Zwischenstopps nutzen
Da ich weniger häufig Langstrecke fliege, habe ich auch dementsprechend wenig längere Zwischenstopps. Wenn ich aber welche habe, nehme ich mir die Metro und fahre in die Stadt, um wenigstens ein wenig von der Stadt zu sehen. Alles über 6 Stunden Aufenthalt kann sich für solche Touren lohnen. Stelle aber sicher, dass Du rechtzeitig wieder am Flughafen bist, sonst bist Du der Dumme. Ich habe so aber immerhin schon Chicago und Zagreb gesehen. War beides nicht schlecht.
Tolle Tipps!
Ich habe auch immer viel Urlaub und Überstunden angespart, um mir trotzdem ausgiebige Reisen zu gönnen. Eine super Hilfe bei der Planung und vor allem für die Planung der Route bietet underwaygs.com.
Viele Grüße
Mathias
Toller Beitrag. Sehr informativ. Werde versuchen da einige Punkte umzusetzen damit ich wieder schön auf Reisen gehen kann.
Danke.
Hi Peter,
guter Artikel mit vielen guten Tipps. Eine Sache hast du noch vergessen: Bildungsurlaub nehmen. Da bekommt man eine Woche pro Jahr Extraurlaub, die man dann z. B. zum Sprache lernen auch im Ausland verbringen und mit einer Reise verbinden kann. Ich habe diese Option leider auch erst letztes Jahr entdeckt und dann aber gleich zwei Wochen zum Spanischlernen in Valencia genutzt. Auf jeden Fall eine lohnenswerte Option.
Viele Grüße
Claudia
Ich danke Ihnen für den interessanten Artikel. Es ist eben alles eine Frage der richtigen Einteilung.
Mit besten Grüßen,
Ina